Die vierzigtägige Fastenzeit vor Ostern ist eine Chance, unser ökologisches Verständnis zu vertiefen und in einer grösseren Verbundenheit mit Gott und der Schöpfung Wandel herbeizuführen.
Die Fastenzeit bietet zudem ein experimenteller Raum, in dem wir erfahren können, dass wir durch Verzicht glücklicher und gemäss Medizinforschung auch gesünder leben können. Einer der renommiertesten Wissenschaftler in diesem Bereich ist Prof. Andreas Michalsen von der Berliner Charité-Universitätsmedizin. Zusammen mit ihm und den Hilfswerken Fastenaktion und Brot für alle lädt Bischof Felix Gmür im nachstehenden Programm zum Fasten ein.
Die Väter und Mütter der zahlreichen Fastentraditionen haben intuitiv gewusst, dass Fasten ganzheitlich gut ist. Für Bischof Felix Gmür schafft Fasten einen Raum, in dem Umkehr und Wandel geübt werden können: «Wenn wir uns den Algorithmen der digitalen Märke entziehen, weniger Unterhaltung und Luxus konsumieren, können wir einen neuen Zugang zu uns und zu Gott finden. Vielleicht werden wir uns auch bewusster wie einzigartig und vergänglich unser Leben ist, und dass wir achtsamer mit der Schöpfung umgehen».
Prof. Michalsen ergänzt, «der menschliche Körper belohnt die reduzierte Nahrungszufuhr mit einem Zellerneuerungsprozess. Durch die Evolution kann unser Körper besser mit Verzicht umgehen als mit gesättigter Nahrungsaufnahme. Dies wirkt sich positiv auf die Gesundheit und viele chronische Erkrankungen aus».
Geistlich-medizinisches Fasten
Weil die kirchliche Fastenzeit in erster Linie als Zeit der Busse und geistlichen Läuterung gilt, sind die Gebote zur Nahrungsmittelreduktion relativ offengehalten und lassen sich gut zum Beispiel mit dem medizinischen Konzept des «intermittierenden Fastens» kombinieren. Dabei werden nur zwei Hauptmahlzeiten am Tag zu sich genommen und dem Körper so eine Essens- und Verdauungspause von mindesten 14 Stunden gewährt, was sich nachweislich gesundheitsfördernd auswirkt.
Geistliche Gründe zum Fasten
- Abschalten und Stress abbauen
- Freiräume gewinnen
- Den Weg zur eigenen Mitte und zu Gott finden
- Dem Sinn des Lebens auf die Spur kommen
- Lebensgewohnheiten überdenken
- Umkehr, Umdenken und Wandel wagen
- Aus einer Resignation herausfinden
- Sensibel werden für Fragen der Umwelt, Mitwelt und Nachwelt
- Sich für Themen der Gerechtigkeit öffnen
Medizinische Gründe zum Fasten
- Die selbstheilenden Kräfte des Organismus stärken
- Durch Nahrungsmittelreduktion eine Zellerneuerung in Gang setzen und eine präventive, heilende Wirkung bei folgenden Krankheiten erzeugen:
- Rheuma, Arthritis, Arthrose
- Diabetes
- Bluthochdruck
- Schmerzsyndrome
- Stimmungsaufhellung
- Reduzierung von Depression und Angst
- Alterungsprozesse verlangsamen
Ein Fastenmenü zum Ausprobieren
Das folgende «Fastenmenü» lädt mit geistlichen Impulsen und medizinischen Anleitungen dazu ein, die Fastenzeit zur seelischen und körperlichen Regeneration zu nutzen und dem Leben eine neue verantwortungsvolle Tiefe zu verleihen.
Voraussetzungen:
- Fasten ist keine «Diät», sondern eine ganzheitliche Verhaltensform, bei der man die Selbstheilungskräfte des Körpers unterstützt.
- Durch Verzicht wird man offener und sensibler für sich selbst, die Mitmenschen, Gott und die Schöpfung.
- Beim intermittierenden Fasten werden zwei statt drei Hauptmahlzeiten pro Tag eingenommen. So gewährt man dem Körper eine Essens- und Verdauungspause von mindesten 14 Stunden.
- Keine Lebensmittel sind ausgeschlossen. Eine vegetarische Ernährung ist vorteilhaft.
- Schwangere, Kinder und Jugendliche sollten nicht fasten. Wer sich nicht fit fühlt, soll vorher seinen Hausarzt konsultieren.
- Wer unter einer Essstörung leidet, sollte auf keinen Fall fasten.
Auftakt am Aschermittwoch
Geistliche Impulse
Memento mori
- Zum Auftakt der Fastenzeit steht das Nachdenken über die irdische Vergänglichkeit im Fokus. Sie macht den gelebten Augenblick, alles Gute, das uns wiederfährt und was wir selber bewirken, umso kostbarer.
- Der Aschermittwoch ist der ideale Ausgangspunkt zur Schärfung unserer Achtsamkeit im Umgang mit uns selbst, den Mitmenschen, Gott und der Schöpfung.
Fasten bis Gründonnerstag
Geistliche Impulse
Die folgenden biblischen Betrachtungen dienen als Impulse für ein wöchentliches (Morgen-)Pilgern. Der Ablauf kann angepasst werden.
- Ankommen in der Kirche, stille Betrachtung des Hungertuchs
- Lesung: Biblischer Text gemäss Vorschlag
- Lied (z.B. Ubi caritas RG 813; KG 418; CG 886)
- Bildbetrachtung, Abschluss mit Leitfrage
- Pilgern in Stille (ca. 20 Min. Weg)
- Zwischenstation: Psalmlesung (z.B. Psalm 8)
- Pilgern im Gespräch (ca. 20 Min. Weg)
- Abschluss
1 gebrochen
gebrochen – zerbrochen
kaputt, entzwei, hinfällig, zerrüttet,
gebrochen – schwach
erschöpft, krank, entkräftet, ausgemergelt,
gebrochen – ermattet
aufgerieben, verbraucht, welk, übermüdet,
gebrochen – ohnmächtig
bewegungsunfähig, kraftlos, atemlos, resigniert,
gebrochen – dunkel
glanzlos, traurig, matt, undurchsichtig,
gebrochen – anklagend
verzweifelt, untröstlich, verbittert, klagend,
gebrochen – aussichtslos
mutlos, unheilbar, ohnmächtig, ausgedient,
gebrochen
2 mühsam – geschenkt
mühsam
alles aufgeben
für einen Schatz
für Gottes Reich
zu gross für mich
nur für Auserwählte
mühsam
ein Ideal
unerreichbar
unnahbar
vielleicht doch
ein bisschen?
geschenkt
hin und wieder unverdient
mühelos
zufällig
kostbar
unterhalb der Oberfläche
jetzt und hier
geschenkt
die Nähe
einfach zulassen
vertrauen
in seine Liebe
für mich
3 MAX-1,5°! Klimakrise weltweit!
MAX-1,5°!
Klimakrise weltweit!
Waldbrände, Hitzewellen, Dürren, Wirbelstürme, Flutkatastrophen
Bangladesch, Kenia, Philippinen, Mosambik, Ahrtal
Zerstörung, Vertreibung, Armut, Hunger, Tod
MAX-1,5°!
Klimakrise weltweit!
menschengemacht, Kluft zwischen armgemachten, reich gewordenen Ländern, Menschen
real, einseitig beeinflusst, unerträglich, ungerecht, nicht verhandelbar
MAX-1,5°!
Klimakrise weltweit!
Global, Krisen begrenzen, Chancen nutzen, Verantwortung übernehmen
Wohlstand abbauen, Experiment wagen
Handeln, gemeinsam, Lösungen suchen und umsetzen, Wege aus der Armut aufzeigen, Unkonventionelles wagen
MAX-1,5°! Klimakrise weltweit!
Ja
nein
Ruder rumreissen
es muss nur geschehen
hoffnungsvolle Botschaft?
Alle müssen handeln
ICH – DU - WIR
MAX-1,5°! Es geht! Gerecht.
5 Was siehst du?
Öffne deine Augen
auf bekannten Wegen.
Was siehst du?
Häuser, Autos, Züge, Flüsse...
Wo entdeckst du Blumen?
Im Vorgarten, zwischen Steinen oder Schienen, auf dem Dach…
Wo hast du diese nicht erwartet?
Was hast du noch entdeckt?
Öffne deine Ohren auf bekannten Wegen
Wo hörst du?
Stimmen, Musik, Maschinen, Autos...
Wo hörst du Insekten?
Wo hast du diese nicht erwartet?
Öffne deine Nase auf bekannten Wegen
Was riechst du?
Abgase, Essen, Rauch, Parfüm…
Wo riechst du Blumen?
Wo hast du diese nicht erwartet?
Medizinische Impulse
Intermittierendes Fasten
- Essen Sie, was Sie wollen, in täglich zwei statt drei Mahlzeiten.
- Lassen Sie das Abendessen oder Frühstück aus, damit Sie während mind. 14 Stunden keine Nahrung zu sich nehmen. Trinken Sie währenddessen auch keinen Alkohol.
- Essen Sie nur, wenn Sie wirklich hungrig sind.
- Verzichten Sie auf «kleine Sünden» zwischendurch.
- Trinken Sie täglich mind. zwei Liter Wasser.
- Gönnen Sie sich Pausen und genügend Schlaf.
Abschluss am Karfreitag
«Es ist vollbracht» (Joh 19,30)
Am Karfreitag scheint die Zeit still zu stehen. Jesus ist tot. Sind wir jetzt alleine mit all dem, was uns bedrückt und traurig macht? Diese Frage gilt es auszuhalten.
Letzter Fastentag
Entlastungstag mit Reis oder Obst (max. 800 kcal, wie Aschermittwoch)
Karsamstag
Vom Tod zum Leben
Gott ist weg – offline. Doch nicht mehr lange! Heute Nacht wird die neue Osterkerze angezündet. Licht, welches das Dunkel durchbricht als Zeichen für die Auferstehung Jesu Christi. Er hat den Tod besiegt und bringt Freude und Hoffnung in die Welt!
Die christliche Fastenzeit ist zu Ende
Wenn Sie sich mit dem intermittierenden Fasten gut oder besser gefühlt haben, können Sie es inkl. einem wöchentlichen Entlastungstag weiterführen.
Frohe Ostern!
«Seid gewiss: Ich bin bei Euch alle Tage bis zum Ende der Welt.» (Mt 28,20)
Jesus lebt! Neu – und doch anders. Greifbar und zugleich unfassbar. Wir alle haben Anteil am Auferstandenen und am ewigen Leben – das ist die Botschaft zu Ostern. Ebenso haben wir Anteil an der Neuschöpfung, die mit Jesus Christus angebrochen ist und durch ihn vollendet wird. Wir gestalten den Wandel hier und jetzt mit. Bestärkt sind wir vom Zuspruch Jesu: «Wo immer ihr seid, werde auch ich sein.»
Quellen
Geistliche Impulse: Hilfswerk Fastenopfer
Medizinische Impulse: Prof. Dr. A. Michalsen, «Heilen mit der Kraft der Natur», Argon-Verlag, 2017.