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Statement der Präventionsbeauftragen zu den Ergebnissen der Pilotstudie

Die Ergebnisse der Pilotstudie zur Geschichte des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche sind für die Präventionsarbeit gegen sexuelle Übergriffe sehr wertvoll.

Von Sieglinde Kliemen, Präventionsbeauftragte des Bistum Basel

Als Präventionsbeauftragte stelle ich mir die Fragen, welche Massnahmen wirken, wo benötigen wir Verbesserungen und was müssen wir noch zusätzlich tun? Sehr interessant an der Studie sind für mich die Analyse der Räume und des Vorgehens der Täter und Täterinnen beim Missbrauch, welche Mechanismen zur Vertuschung führten und welche institutionellen Bedingungen und gesellschaftlichen Verflechtungen diesen Missbrauch förderten. Die Zeitlinie zeigt eine Reduktion der Anzahl der Fälle ab dem Jahr 2000, welche in der Analyse mit der gesellschaftlichen Entwicklung im Umgang mit Sexualität, sexuellem Missbrauch und dem Kindeswohl in der Gesellschaft in Verbindung gebracht wird. Die Kulturentwicklung in der Gesellschaft wirkt in die Kirche hinein. Für die Prävention sind die Betrachtung der aktuellen Fälle und die Entwicklung, seit die ersten Massnahmen implementiert wurden, wichtig. Massnahmen müssen die heutigen Gegebenheiten berücksichtigen. Meiner Meinung nach wirkt auch die Aufarbeitung selber präventiv, denn sie bringt die Tatsachen auf den Tisch und fordert Hinschauen und Handeln.

Das Bistum Basel geht den Weg der Nulltoleranz. Alle Mitarbeitenden sind verpflichtet, jeden Fall oder Verdacht von sexuellem Missbrauch zu melden. Dafür wurde 2020 im Rahmen der Einführung des Schutzkonzeptes auch die bereits tätige juristische Person als unabhängige Koordinationsstelle eingesetzt, die die Fälle klärt und strafrechtlich zur Anzeige bringt. Alle Mitarbeitenden und auch Freiwillige müssen einen Unbedenklichkeitsnachweis erbringen. Sie sind verpflichtet Kurse zur Sensibilisierung im Umgang mit Nähe und Distanz und zu sexuellen Übergriffen zu besuchen. Das Bistum Basel führt diese seit 2016 durch und entwickelt die Inhalte stetig weiter. Der Umgang mit Macht, Asymmetrie und Abhängigkeit in der professionellen Beziehung wird in den Seminaren behandelt, auch in der Selbstreflexion. Auch die Gestaltung der Arbeitsräume für die seelsorgerische Aufgabe, sodass Opfer geschützt sind und Taten möglichst verhindert werden, ist ein wichtiger Inhalt.

Die Besprechbarkeit der Tabuthemen, sei es in der Aufarbeitung oder im aktuellen Umgang mit Macht und Machtmissbrauch, Sexualität und sexuellen Übergriffen, der persönliche und institutionelle Umgang mit Nähe und Distanz, ist einer der Schwerpunkte, den sich das Bistum Basel sowohl von der Führung aus gesetzt hat, aber auch von der Basis aus verlangt wird. Dies soll die Entwicklung einer neuen Kultur fördern, welche in ihrem Kern Prävention und Schutz beinhaltet. Es ist meines Erachtens der wichtigste Pfeiler in der Prävention nebst den unmittelbaren Massnahmen, die zum Schutze notwendig sind. Ich begrüsse die angekündigten und bereits beschlossene Massnahmen der Auftraggeber (SBK, RKZ und KOVOS) der Pilotstudie sehr. Alle fünf Punkte sind notwendige Schritte und werden Wirkung zeigen. Ich hoffe, dass dies Opfer ermutigt, sich zu melden. Die psychologische Abklärung in der Ausbildung und die Professionalisierung der Führung der Personaldossiers dienen eindeutig der Prävention.

Ich schätze es sehr, dass das Forschungsteam die Arbeit weiterführt. Verstehen und Aufarbeiten sind sehr wichtig für die Prävention. Alle Opfer und deren Umfeld haben mein tiefstes Mitgefühl für all ihre Not, durch die sie gegangen sind.